Bildungspartnerschaft mit St. Josef
Das sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation St. Josef und die Abteilung Musik der PH Schwäbisch Gmünd haben Anfang Juli eine Bildungspartnerschaft begründet. Durch die Initiative der Hörgeschädigtenpädagogin Christiane Waibel und Musikpädagogin Vertretungsprofessorin Dr. Ina Henning kooperierten Studierende und Schülerinnen und Schüler aus St. Josef in den vergangenen beiden Semestern bereits zweimal über das Schuljahr hinweg in längerfristig angelegten musikalischen Projekten.
„Der Förderschwerpunkt Hören fordert besonders dazu auf, sich über die vielfältigen Möglichkeiten, musikalisch zu interagieren, differenziert Gedanken zu machen, ist aber auch besonders geeignet, Hemmschwellen zu überwinden, da Sprache nicht allein als Kommunikationsmittel benutzt wird“, erläutert Henning, die bereits zu verschiedenen Förderschwerpunkten sowie zu Inklusion und Heterogenität in ihrer Zeit als Juniorprofessorin in Hannover geforscht hat. So waren die Studierenden beispielsweise überrascht, welche Abstufungen des Hörens im Spektrum von Hörbeeinträchtigung wahrnehmbar sind, aber auch wie schnell die Schülerinnen und Schüler auf die musikalischen Gestaltungsvorschläge reagierten.
Schulleiterin Andrea Schott sensibilisierte die Studierenden in einem einführenden Vortrag zu Beginn des Projekts für den Förderschwerpunkt Hören, bei dem sie lebendige Einblicke in das Schulleben in St. Josef ermöglichte. Nach ersten gemeinsamen Überlegungen zur Unterrichtsreihe und der kooperativen Unterrichtsplanung besuchten Studierende der Lehrämter Grund- und Sekundarstufe in Kleingruppen wöchentlich den Musikunterricht der Grundschule. Die Studierenden fanden sich schnell mit zunächst fremden Gegebenheiten wie der Hörverstärkeranlage zurecht, entdeckten aber auch, welchen pädagogischen Nutzen es hat, Arbeitsaufträge kurz und klar zu formulieren. Umgekehrt waren die Schülerinnen und Schüler des BBZ Hören schnell zu begeistern für das Ausprobieren unbekannten Instrumentariums und das Umsetzen von Musik in Bewegung. Auch Gebärdensprache kam im Schulsong, der den Studierenden zum Einstieg vorgesungen wurde, zum Einsatz. Hier übernahmen die Schülerinnen und Schüler der Grundschule mit ihrer Lehrerin Frau Waibel die Führung.
Das BBZ Hören
Das sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation St. Josef – vormals Schule für Hörgeschädigte– wurde im Jahr 1868 als Zweig der Königlich Württembergischen Taubstummenanstalt in Schwäbisch Gmünd gegründet. Der Träger der Einrichtung ist die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern in Untermarchtal e. V. Die Schule für Hörgeschädigte St. Josef ist eine staatlich anerkannte Ersatzschule; derzeit besuchen rund 300 hörgeschädigte Kinder und Jugendliche die Einrichtung. Das BBZ Hören gliedert sich in die Abteilungen und Bereiche der Pädagogischen Audiologie, der Beratungsstelle für Eltern hörsprachauffälliger Kinder und der Frühförderung mit angegliedertem Sonderpädagogischer Dienst, dem Schulkindergarten (3 – 6 Jahre), der Grundschule (1. – 5. Klasse), der Werkrealschule (5. – 9. Klasse), der Realschule (Klasse 5R – 10R) und dem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium (11.-13. Klasse bzw. Eingangsstufe, Jahrgangsstufe 1 und 2), ein Internat ist ebenfalls angeschlossen. Alle Schulabschlüsse können bis zum Abitur abgelegt werden. Rektor Prof. Sabla-Dimitrov zeigte sich bei einem einstündigen Rundgang beeindruckt von der breiten Palette an Möglichkeiten, die die stellvertretende Schulleiterin Heike Eberhard erläuterte.
Umsetzung und Ziel der Kooperation
Kooperiert wurde mit den dritten und vierten Klassen der Grundschule; die Studierenden profitierten vom Anleiten einer Klasse im Team ebenso wie von Inhalten zur Improvisation und ästhetischen Transformation von Musik in Bewegung. Außerdem konnten sie sich in diesem Lehr-Lernforschungsprojekt in Ausschnitten mit Anteilen aus der Tanztheorie im Transfer auf die Musikpädagogik auseinandersetzen. Als Zielsetzungen möchten die Partner durch die Bildungspartnerschaft erreichen, dass zum einen der Bereich der ästhetischen Bildung, insbesondere das Potential des ästhetischen Erlebens durch Musik bei Hörschädigung durch Einbringung der Hochschulperspektiven in die schulische Bildung und umgekehrt mehr Aufmerksamkeit erfährt. Best Practice Beispiele der Lehr-Lernforschung für die Weiterentwicklung von Hochschullehre über weitere Projekte der inklusiven Musikvermittlung und Konzertpädagogik sollen dazu dienen, das Feld wissenschaftlich auszuleuchten, aber auch Schülerinnen und Schüler ganz praktisch durch Musik in ihrer Persönlichkeitsbildung zu stärken. Das nächste Projekt mit dem Fokus der Konzertvermittlung ist bereits in Planung.